Absender: Joachim  Raff (C00695)
Erstellungsort: Weimar
Empfänger: Franz  Liszt (C00543)
Datierung: 26. Juni 1851 (Quelle)
Standort: Goethe Schiller Archiv (Weimar)
Signatur: GSA 59/25, 23
Umfang: 16 Seiten
Material: Papier
Schreibmittel: schwarze Tinte
Incipit: Lieber Freund!
Da Sie allem Ansehen nach erst die nächste Woche zurückkehren
Veröffentlichung: Raff 1902, S. 1168ff.

über Herr de Bury habe er vernommen, dass Liszt immer noch nicht kommen könne. Da J. D. Carolyne zu Sayn-Wittgenstein] nicht auf seinen Brief geantwortet hat, habe er Klavier in einen leerstehenden Saal gestellt. Bittet Liszt ihr gegenüber dies zu verschweigen. Er wolle es ihr in einem günstigen Zeitpunkt selber gestehen. Er habe die Kantate von Chelard nicht gehört, soll die Leute aber trotz einigem Niedlichem gelangweilt haben. Schlechte Leitung von Chelard. Fastlinger habe gesungen, Joachim seine "Ungarischen", Cossmann die "Tellfantasie". Das Sextett aus "Lucia" habe den Abschluss gemacht. Stahr habe gesagt, der Erzherzog habe die Kantate "scheusslich" gefunden, de Bury für ein Stück eines "bon veillard". Er war mit Stahr in der Probe zu "Tannhäuser". Dieser, Bülow und Lewald [Fanny] haben sich die ganze Probe angehört. Stahr wolle einen Artikel ähnlich wie jener zu "Lohengrin" darüber schreiben. Den Artikel von Riccius in den "Grenzboten" über Wagner habe er noch nicht gelesen. Lewald habe ihr Buch über England und Schottland beendet. Fragt, ob Stahr seinen Antrag wegen der "Revue" an den Erbgrossherzog überreichen solle und wozu Beaulieu diente. Wahrscheinlich sei dies der "Verfahrungsweise" der Stubenrauch [einflussreiche Persönlichkeit in Stuttgart] geschuldet. Berichtet über Hans [von Bülow], der nun auf der Altenburg wohne. Berichtet über die unglücklichen Verhältnisse zwischen dessen Eltern. Er habe ihn gebeten, seiner Mutter zu schreiben. Sie halte ihn für zu wenig talentiert für eine Künstlerlaufbahn. Raff sei anderer Meinung. Er habe ihn den "Sommernachtstraum" [Mendelssohn] und Liszts erstes Klavierkonzert studieren lassen. Den ersten Satz von Raffs Klaviertrio [WoO 9] habe er in zwei Tagen gelernt, das ganze fehlerlos gespielt. Fragt, ob er das Konzert nicht aufführen könne. Joachim könnte dirigieren. Fragt, ob er ihm eine Abschrift vom Solokonzert Liszts vorlegen könne. Sascha Winterberger sei eifersüchtig gegenüber Hans. Klesheims "Erholungsakademie" habe stattgefunden, eine "lyrische Birchpfeiferey". Beck und Milde sangen. Nabich spielte. Klesheim wollte noch eine Akademie geben, doch Cossmann und Joachim hätten ihm den "nöthigen refus" gegeben. Die Moritz sei ein paar Tage weg, sei dann aber wieder zurück. Stehe nicht in Kontakt mit Beaulieu. Berichtet über Theater-Angelegenheiten: Müller schreibe weiterhin nur über Beck, was daran liege, dass er seinen Schwager [Franz] Götze hasse. Seine beiden letzten Artikel in der Brockhaus'schen und Weimar'schen Zeitungen belegen dies. Es gäbe nicht allzu viele spannende Artikel momentan ausser Carl Banks [Karl Banck] über die Musikzustände im Deutschen Museum. Doris befinde sich im Bade Heringsdorf und gehe von dort direkt nach Dresden. Hauenschild käme nicht [bekannt unter Pseudonym Max Waldau]. Reissmann sei auf einer Lustreise, daher könne es dazu kommen, dass dennoch Raff die Kopien machen müsse. Cossmann fahre am Montag nach Baden-Baden. Den Einflusse der "Illustrirten Zeitung" habe er zweimal an sich erfahren: Ein Jugendfreund aus Lachen habe ihm geschrieben, da er den Artikel über seine Oper gelesen habe. Kürzlich habe er den Prof. [Karl] Koberstein mit Doris in Schulpforte besucht. Er habe von den 10-12 Artikeln nur denjenigen in der "Illustrierten Zeitung" gelesen. Sie werde auch in China gelesen. Er habe jedoch Stress mit den Verlegern. Sie haben die "Romance aus des Herzogs v. Coburg Oper" ["Comala" so liederlich abgedruckt, dass er einen zweiten, korrekten Abdruck fordern musste. Zudem baten sie ihn über einen Artikel über Goethes und Schillers Arbeitszimmer. Vielleicht könne er die Goethe-Stiftung bei dieser Gelegenheit erwähnen. Joachim habe eine "Frühlingsphantasie" geschrieben, in der sich der "Geist der Ecole de Weimar" äussere. Nachschrift (27. Juni 1851): Stahr gebe seine Sache heute ein. Genast berichte, dass Beaulieu den Hamburger Dekorationsmaler gefragt habe, ob Ziegesar gegen ihn "sich obligirt" habe. Liszt werde diese Blätter durch Steinbrück erhalten. Hans wolle heute noch schreiben.


Zitiervorschlag: Raff, Joachim: Brief an Franz Liszt (26. 6. 1851); https://portal.raff-archiv.ch/A02146, abgerufen am 16. 9 2024.