Absender: Joachim  Raff (C00695)
Erstellungsort: [Wiesbaden]
Empfänger: Doris  Raff (C00693)
Zielort: [Weimar]
Datierung: Quelle undatiert
[undatiert] bis [undatiert] (Quelle)
12. April 1858 bis 13. April 1858 (ermittelt)
Standort: Bayerische Staatsbibliothek (München)
Signatur: Raffiana II
Umfang: 3 Seiten
Material: Papier
Schreibmittel: schwarze Tinte
Incipit: Mein gutes Süsslili!
Ich kann dir kaum sagen, wie froh ich bin

Wisse nicht, ob die E. vom Skandal zwischen der Weimar'schen Musikpartei und der Augsburger Allgemeinen Zeitung gehört habe. Wäre R. egal, wenn er nicht befürchten müsste, dass sich dieser auch auf den hiesigen Platz hinüberspielen dürfte. In diesem Blatt sei ein Zettel "Musikalische Leiden" erschienen, die nicht nur gegen die Partei, sondern gegen [Franz] Brendel und sein Blatt gerichtet sei. [Hans von] Bronsart wollte eine Widerlegung "Musikalische Pflichten" in der Augsburger abdrucken lassen, die aber nicht gebracht wurde. Der Aufsatz erschien dann als Broschüre. Verschickte ihn in diversen tausend Exemplaren. Marpurg in Mainz und Bogler hier in Wiesbaden wurden berücksichtigt, nicht so Raff. So versichere Petri Barth in seinem Blatt anbinden zu wollen. 13.4.: Es scheine, dass R. diesen Sommer keine Theoriestunden mehr halten soll. Kriege einige neue Klavierschülerinnen. Frau Maus habe an Frl. Magdeburg geschrieben, die keine Lust habe, auf die Idee der Gans einzugehen. Soll Hagens Kind unterrichten. Pauline Grobacker habe sich nach der E. und Dickchen [Antonie Genast] befragt. Habe dem Oberst Breidbach seinen "Clarinettschmarren" gebracht. Morgen beginnen die Stunden bei Griers [?] wieder. Habe Hirsch im Verdacht, dass dieser wegen den Stunden bei den Engländern in der Rheinstrasse nur ein Maul gemacht habe, sie dann aber Wilfinghof [?] zugewiesen habe. [...] sei in der Kaltkur angekommen. Sei interessiert, was ihm die E. über die Festoper und die preussischen Herrschaften schreibe. Die Allgemeine Augsburger ziehe gegen alle Zukunftsmusik unbändig los und vergleiche stets Wagner und Verdi. Schmidt'sche Oper in Frankfurt werde sehr gelobt in diesem Blatt. In Frankfurt werde die Tannhäuserparodie gegeben. Hier bleibe man mit dem Machwerke verschont. [Dionys] Pruckners Brief (den R. vorgeschrieben habe) habe einen günstigen Eindruck gemacht. Petri versichere, dass Pruckner durchgesetzt werden müsse. Die Schumann [Clara] befinde sich mit ihrem Vater [Friedrich Wieck] in Stuttgart. Befürchtet, dass sie hierher kommen. 14.4.: Gehe mit der Briefeinlage der E. alsbald zu Rieckchen und gebe ihr den Garderobenschlüssel. Hatte von 10-12 und von 2-4 Stunden. Ging dann in den Alleesaal, kollationierte die ganzen Sachen noche inaml und half beim Nähen. Philipp kaufte R. einen Strick. Nun sei das Gut expediert und dürfte am Samstag in Weimar sein. Der E., in Weimar aufzutreten, habe R. betrübt. Als die E. 1852 ihre Dresdner Stellung aufgegeben habe. 6 Jahre seien seither verflossen und die E. habe einen Teil ihrer künstlerischen Karriere abgeschlossen. Die E. habe nun ein neues Fach auf 6 Jahre contrahirt. Sie könne sich nun bei einer geborgenen ruhigen Entwicklung eine bedeutende Zukunft sichern. Sie eröffne nun den zweiten Teil ihrer Karriere mit einer Pfuscherei. Sie könne nun nur noch ganz selten in Weimar spielen. [Franz] Dingelstedt und der Hof werfen der E. einen Brocken hin. Die verletzte Eitelkeit der E. und jene "unselige Manier der Familie, Kunstsachen nach Herzensgelüsten abzumachen, welche Wilhelm [Genast] ebenso gründlich ruinieren wird, als sie dich u mich ruinieren würde", dürfen die E. keinen Augenblick irre machen. Sei davon überzeugt, dass R. und die E. noch oft mit Schmerzen an diesen "horriblen faux-pas" zurückdenken müssen.


Zitiervorschlag: Raff, Joachim: Brief an Doris Raff ([12. 4. 1858]); https://portal.raff-archiv.ch/A01745, abgerufen am 15. 9 2024.