Absender: Joachim  Raff (C00695)
Erstellungsort: [Wiesbaden]
Empfänger: Doris  Raff (C00693)
Zielort: [Weimar]
Datierung: Quelle undatiert
[undatiert] bis [undatiert] (Quelle)
3. April 1858 bis 9. April 1858 (ermittelt)
Standort: Bayerische Staatsbibliothek (München)
Signatur: Raffiana II
Umfang: 7 Seiten
Material: Papier
Schreibmittel: schwarze Tinte
Incipit: Mein süssestes Gegenherz!
Ich habe heute noch gar nicht zum Componiren kommen können

Wolle den kleinen Hirsch besichtigen, den R. seit 3 Wochen vernachlässigt habe. Sein Vater verhandle mit einer Holländerin wegen Stunden für R., die er gerne annehmen würde, um den Ausfall am Institut zu decken. Frl. Schulz sagte, dass es nicht ausser Möglichkeit sei, dass Frl. Magdeburg eines Morgens einem Anfall erläge, woraufhin das Institut einginge. Danach habe an Dionys] Pruckner geschrieben und ihm das Konzept des Briefes, den er für die Musikkommission schreiben solle, mitgeteilt. Hofft, dass dessen Antwort früher als jene von [Clara] Schumann eintreffe. Habe danach seine Scenen für Heil [??%] zu kopieren begonnen, und zwar von vorn, weil R. einiges geändert habe. Wolle bis Abend fertig damit sein. Der neue Redaktor der Mittelrheinischen sei anfangs des Monats seine Stelle angetreten. Fleidt [?] sass gestern mit ihm, Reisinger [?] und Höppl zusammen bei Ott. Die Kursaaleröffnung musste auf Wunsch des Herzogs auf übermorgen verschoben werden. Wieners habe R. schon einige Male gesehen. Wolle am Montag Besuche machen. Vor Tische zu Löws und Grobichkens [?], nach Tische zu Moos und Wieners. [Passage unklar]. Von Kühne habe noch nichts erhalten. Fragt, ob die E. erfahren könne, ob noch jemand ausser Liszt den "Samson" [WoO 20] durchgesehen habe, [Eduard] Lassen z. B. [Franz] Dingelstedt werde sich der E. gegenüber sicher in einiger Verlegenheit befinden. Diese wäre noch grösser, wenn die E. bereits R.s Namen trüge. Schott habe den Bitten seiner Frau nachgegeben und aus der hiesigen Hofstelle zwei Pferde gekauft. Hirsch habe R. dies erzählt. Fragt, ob die E. bereits 66 [?] mit Vater [Eduard Genast] und Mutter [Christine Genast] gespielt habe. 4.4.: Sei heute mit seinem Scenar zu Heyl gegangen, habe diesen aber nicht zuhause angetroffen. Auf der Strasse habe R. Schotts Farter [?] getroffen. Die Pferdegeschichte scheint wahr zu sein. Dieser erzählt, dass Beyer (Hauptarrangeur von Schott) seit mehreren Wochen auf einer Seite gelähmt sei. Ernst habe das Theater in Mainz nicht mehr bekommen habe, sondern Cramer, der vorher in Nürnberg gewesen sei. Die Baucommissionssitzung habe einen unkorrekten Lauf genommen. Der Stadtrat wolle die Sache nun in die Hände nehmen. Mit dem Komponieren gehe es schlecht. Wolle sich totschiessen, wenn es noch eine Woche so weitergehe. Habe einen Saisonbericht für [Bartholf] Senff geschrieben. [August] Wilhelmj habe gestern gefragt, ob R. Klavierstunden gebe. Freunde von ihm haben ihn gefragt. Fragt, warum dieser den Freunden nicht Fischer vorschlage. Ehrlich sei nicht mehr da. Hagen habe R. zu sich eingeladen. 5.4.: Fand gestern abend bei Hagen Marpurg, der seinen Geburtstag hier feiere. Hagen wollte mit R. über den Wagner'schen Schluss der Iphigenienouvertüre [Gluck] sprechen. Danach gingen sie mit Marpurg zu Dietrich und brachten ihn danach zur Bahn. Auf dem Rückweg begegneten sie dem "Entfernten". Hannchen [Johanna Genast] werde die E. darüber aufklären, wer das sein könnte. Mit diesem seien sie bis Mitternacht bei Abler [?] gehockt. Dieser gehe von KArlsruhe weg, lobe aber Eduard Devrient ganz ausserordentlich. Eine Einladung von [Gustav] Barth, heute Abend bei Hofe zu spielen, konnte R. nicht annehmen, da er zu lange nicht auf einem Flügel gespielt habe. Unangenehm überrascht habe R., dass [Karl] von Perfall in München ein "Dornröschen" [WoO 19] komponiert habe wie R. Da er die Behandlungsart des Stücks aus der Presse konnte bekannt sein. Es wurde dort gespielt und die Augsburger Allgemeine Zeitung empfehle das Werk allen Konservatorien. Daher müsse R. bedacht sein, sein Werk bald dem Druck zu übergeben. Herr Ehrlich sei wieder hier. [Gustav] Barth habe die Gebrüder Müller hertelegraphiert. Da diese Donnerstag in Bromberg spielen müssen, seien se bestimmt nicht mehr in Frankfurt gewesen. Daher wurde wohl an Ehrlich telegraphiert. Als R. vor einer Stunde zu Wegner [?] ging, fuhr dieser in einer Droschke vorüber und scheint bei Mühlens Quartier zu nehmen. 6.4.: Ehrlich habe dann richtig bei Hofe gespielt. [Gustav] Barth habe folgendes erzählt: Der Hofmarschall habe Ehrlich am Kursaal gesehen und habe ihn auf eigene Faust eingeladen. Ehrlich habe Barth dann nachmittags besucht. Die Hatzfeld [?], eine Gönnerin Ehrlichs sei da gewesen. Der Herzog habe Ehrlich mit viel Auszeichnung behandelt. Auf den Wunsch der Hatzfeld habe Ehrlich mehrere Nummern von Chopin und auf Verlangen vom Herzog seine Polka gespielt. Würde gerne wissen, ob Barth ihn angelogen habe. Der Befehl für das Arrangement kam allerdings plötzlich am Sonntagmittag und er telegraphierte den Müllers, worauf keine Antwort erfolgte. Barth müsse Ehrlich nach R.s Absage kontaktiert haben, wenn er es überhaupt war. Habe Barth ersucht, wegen [Karl von] Perfalls "Dornröschen" [WoO 19] für R. zu reklamieren. Musste für Schulz einen Empfehlungsbrief an [Dionys] Pruckner schreiben. Hagen wolle zur Hochzeit der einen Knaust [?] nach Weimar kommen. War schon zweimal vergeblich bei Heyl, der auch nicht zu R. komme. Müsse den Plan daher wohl aufgeben. Habe schon an Eichhoff gedacht. Es schien R. zweckmässig, Ulram [Karl Ulram Sohn] den Samson [WoO 20] lesen zu lassen. Er hätte es R. wohl übel genommen, als Regisseur der Oper das Buch zuletzt zu erhalten. Emi [Emilie Genast] würde er besuchen, wenn es nicht so weit wäre. Warte auf einen Brief von ihr. 7.4.: Soll morgen mit Hagen und [Gustav] Barth den Kursaal und die Reitbahn besichtigen und entscheiden, welches Lokal geeigneter sei. Wurde zu einer Partie nach Schierstein eingeladen. [Dionys] Pruckner habe bereits zurückgeschrieben. R. habe die von ihm verfasste Antwort Pruckners bereits an Hagen gegeben. Ulram sei fleissig an der Lektüre von "Samson" [WoO 20]. Das Mainzer Konzert soll erst in 3 Wochen stattfinden. Habe Heyl nochmals vergeblich gesucht. Ulram sage, er sei gar nicht hier. In der Rochschen Buchhandlung seien [...]. Der ganze mittlere Stock "unseren" Hauses sei gelehrt, da Schulzes auch ausgezogen seien. Die Nachricht, dass Ehrlich im Hofkonzert gespielt habe, sei schon in der Mittelrheinischen Zeitung zu lesen. Habe zu Eichberger gesagt, dass er eigentlich keine Musik mehr mache. Dieser habe in Heidelberg einen Roman geschrieben, den Brockhaus herausgeben wolle. 8.4.: Sorgt sich um die E. Wenn R. bis morgen keinen Brief von ihr habe, reise er nach Weimar. Es habe R. vor den Augen gewirbelt, als er in der Landesbibliothek Kustümzeichnungen für den "Samson" [WoO 20] gemacht habe. War bei Frl. Magdeburg. Machte sich auf den Weg zum Kursaal. Dort teilten ihm die Kinder Hagens mit, dass dieser krank sei und nicht kommen könne. Wartete dann auf Barth und Doyler [?], ging dann aber nachhause. Danach drei Klavierstunden. Heyl sei in Koblenz und werde einige Tage dort sein. Zweifle immer mehr, einen Text von diesem besorgen zu lassen. 9.4.: Habe den Brief mit dem Weimarer Stempel vom 4. und des Wiesbadner vom 6. erhalten. Ist traurig, dass die Gesundheit der E. Rückschritte machte. Was die E. über Osam [?] schreibe, sei erfreulich. Seinen Geldangelegenheiten tue es gut, sich in Väterchens [Eduard Genasts] Hände zu begeben. Die E. solle schreiben, ob er sich als Tenor oder Bariton ausbilde. Dass diesen Milchen [?] entzückt habe, sei verständlich. Küsse der Mutter und den Schwestern die Hände für alle Verhätschelungen der E. Die E. soll von [Franz] Dingelstedt schweigen. ¨¨Uber Frau Maus und ihre Insinuation habe R. der Frau Schulz mitgeteilt. Sie gebe auch Stunden am Institut und sein eine SChülerin von Maus. Ermächtigte diese, Frl. Magdeburg alles Nötige mitzuteilen. Über Liszt habe R. so ziemlich alles gelesen und stimme mit der E. überein. Das R. übersandte Geld der E. brauche R. nicht. Lasse es für sie liegen oder schicke es zurück. Erhielt einen Brief von [Dionys] Pruckner aus Regensburg. Er schreibe, dass er mit dem Violinisten Moralt aus München dort ein Konzert mache und am Samstag beim Fürsten Tapis spiele. Am Sonntag sei Pruckner wieder in München. Perfalls "Dornröschen" lasse ihn bedauern, dass nicht jenes von R [WoO 19 aufgeführt wurde. Mit Seidel müsse R. selbst sprechen, was er im Herbste von R. machen solle. Lese Munks "Palästina".


Zitiervorschlag: Raff, Joachim: Brief an Doris Raff ([3. 4. 1858]); https://portal.raff-archiv.ch/A01743, abgerufen am 12. 9 2024.