Habe einen Brief von Whistling Peters]
erhalten, der die beiden Verdi-Stücke op. 70 herausgeben werde und R. den
Verlagsschein geschickt habe. Ist R. nicht unangenehm, hätte aber lieber ein
Originalwerk abgesetzt. Nachmittags sei Liszt hier gewesen. Liszt sehe schlecht
aus wegen den Schwierigkeiten, die sich seinem künstlerischen Wirken in den Weg
stellen. Lädt R. ein, ihn häufiger zu besuchen. Obwohl R. dies tun könnte, ohne
befürchten zu müssen, der Fürstin [Carolyne zu Sayn-Wittgenstein] allzu oft über
den Weg zu laufen, habe er sich wegen viel Arbeit entschuldigt. Liszt habe durch
[Eduard] Lassen von Raffs dritter Suite op. 72 erfahren und habe R. vor der
"Lohengrin"-Probe "Toccata" und "Fuge" daraus vom Blatt gespielt. Die Eltern waren
sehr entzückt. Auch Liszt scheine Gefallen daran gefunden zu haben und habe
gebeten, ihm das Werk auf die Altenburg schicken zu lassen. Raff wolle aus
erklärlichen Gründen davon absehen. Wolle morgen noch einmal zu [Gotthilf Wilhelm]
Körner nach Erfurt. Habe ihm Suiten Nr. 1 und 2 op. 69, op. 71] geschickt, es
könnte bereits Nachricht da sein. Wenn er diese wider Erwarten nicht haben wolle,
könne R. vielleicht einen Käufer in Leipzig finden. 25.4.: Habe am Morgen den Zug
verpasst. Mit [Franz] Dingelstedt sei nun alles im Reinen. Er sei
General-Intendant und erhalte eine Hofcharge, sei aber unabhängig vom Hofmeister
und Hofmarschall, habe eine eigene Kanzlei. Sei auch Intendant der Kapelle.
Dingelstedts Vollmachten seien unbedingt, daher müsse man sich auf Änderungen
gefasst machen. Der Vater der beiden Fräulein Wolff sei gestorben. Die jüngere
habe zum ersten Mal die Bühne betreten und habe leidlich gefallen. Bei Abgang
[Alfred] Jaëlls, habe sich Bose in Hannover befunden. Scheine sich an
norddeutschen Bühnen umzusehen. Gehe nachher in "Sophonisbe", die heute zum ersten
Mal gegeben werde. [Hermann] Hersch sei selbst hier. Er solle so jüdisch aussehen,
dass [Edmund] Singer wie ein Christenkind von 64 Ahnen schien. 26.4.: Das Stück
habe gestern ein gelindes Fiasko gemacht, obwohl die Don [Don-Lebrun] sich viel
Mühe gemacht habe. Streit als Massasylischer Fürst sei rührend gewesen. Bedauert,
dass nicht Winterberger die Rolle gespielt habe. Vater [Eduard Genast] gehe es
nicht besonders. Im Sonntagsblatt befinde sich ein Artikel von Wilhelm Genast über
die Dorfgeschichten [?]. In der Brendel'schen [Neue Zeitschrift für Musik] sei ein
Bericht aus Wien, in dem eingestanden wird, dass die Majorität der Konzertbesucher
Liszts Préludes ausgezischt habe. Es sei naiv von [Franz] Brendel, dass er dies
abdrucke. Enthält eine Rezension vom "Vater unser" von [Peter] Cornelius, das
diesem nicht übermässige Freude machen werde. Die Schwestern von Soupper seien im
Lohengrin [Richard Wagner], in dem Frau Rauch-Wernau die Ortrud singe. Habe keine
Lust, sich das Werk zum x-ten Male anzuhören und bleibe zuhause. Habe den
Darmstädter Theaterzettel von Schulrat Lachardts erhalten. Dessen Frau sei von
dort. Ausser der E. stehe auch Fischer als Gast darauf. Dräxler-Manfred [?] werde
nachholen, was er bei der E. versäumt habe. Gewiss engagiere Tescher die fragliche Dame. Rübke sei wieder hier.
SChreiber werde in nächster Zeit noch nicht wieder hierher zurückkehren. Will
Rübke Sachen von sich einpauken. Momentan sei niemand hier, der eine Zeile von R.
spiele. Müsse noch 20 Seiten vom ersten Akt [Samson, WoO 20] schreiben. Will die
Instrumentation der ganzen herstellen und dann Kleinigkeiten beifügen. Sollte in
der Lage sein, nahezu zwei Akte nach Wiesbaden zu bringen. 27. 4.: Konnte den
Brief der E. nicht vor seiner Fahrt nach Erfurt beantworten. Das Publikum scheine
doch netter gegen die E. zu sein, als die Kritik und Dräxler-Menfred und
Konsorten. Mad. Fischer fand die E. "schlanker und hübscher als erwartet. Mit
Brendel habe R. nicht gesprochen. Ignoriere konsequent alles was zum offiziellen
und offiziösen Teil der Clique gehöre. Konversation mit [Franz] Dingelstedt? Nein.
Da er sich seit der Correspondenz anno 53 so haarig benommen habe. Habe den Besuch
des E.s bei ihm nicht angenommen. Werde sorgen, dass dieser es über Umwege zu
hören kriege. Es sei Dingelstedt sicher daran gelegen, hier wenige gefährliche
Feinde zu haben. Gegen Wilhelm [Genast] und die Eltern habe er sich freundlich
verhalten. Was die E. über [Ludwig] Schindelmeisser supponiere, habe völlige
Richtigkeit. MIt D-Manfred stehe dieser sehr intim. Beide sprechen voneinander wie
von einem grossen Lichte. Will das Samsonbuch [WoO 20 nicht an
Schindelmeisser geben. Wenn Tescher es ihm weitergebe, werde er es noch früh genug
sehen. Was die Sache mit Wiesbaden betreffe, habe die E. immer noch einen grossen
Fauxpas gemacht, da sie noch nicht an Jaskowitz geschrieben. Dass der letzte Winter
der E. in Wiesbaden weniger glücklich gewesen sei als die früheren könne nur mit
seiner Anwesenheit zusammenhängen. Wolle einen anderen Ort in Deutschland suchen. Im
Sommer müsse R. aber dort sein, weil sonst nirgends etwas für ihn zu tun sei. Konnte
in Erfurt nur wenig Vernünftiges ausrichten. Demnächst werde die erste Suite op. 69
dort erscheinen, für die er aber nur 10 Thlr eingenommen habe. Beiliegend Zeilen von
Hannchen. Nachschrift: Wilhelm [Genast lässt grüssen. Rauch-Wernau habe als Ortrud
nicht gefallen. Habe eine Karte zum morgigen Wohltätigkeitskonzert erhalten.