Ra. sei in der "Martha" Flotow] gewesen, die
hier nicht übel gegeben werde. Der Herzog sei nicht hier gewesen. Es scheine R.
fast, dieser vermeide ihn. Andernseits werde er mit viel Zuvorkommenheit
behandelt. Man habe sogar Raas [?] zugemutet, bei R.s Psalm [WoO 8] mitzusingen.
Wangenheim [?] frage nach den Wünschen R.s. R. habe den Theaterplatz Nr. 1 der
Fremdenloge. Lampert gehe den Musikern in anständigem Exempel voran. Doch der
Herzog habe R.s Brief und seine gestrige Anmeldung unbeantwortet gelassen. 10. 4.:
Hatte die erste Probe der Symphonie [WoO 18], die Ouvertüre [WoO 17] und die
Psalmfuge. Lampert habe R. der Kapelle vorgestellt, R. hielt eine Ansprache. Der
Saal klinge scheusslich. Das Orchester enthalte alle nötigen Kräfte, 11 seien aber
aus dem Hautboistenchor und verstehen solche Musik nicht. Die Leute seien sich
kurze Proben gewöhnt. Kopfsatz ging gut a vista, der zweite machte Umstände, der
Marsch ging rasch, das Scherzo mühsam und die Schlussfuge stosse die Leute vor den
Kopf. Die Ouvertüre zu Bernhard wurde recht passabel exekutiert. Die Musiker
merken, dass sich die kontrapunktische Kunst an ein bekanntes Motiv anlehnt. Die
Musiker fanden die Ouvertüre sehr schön. Die Psalmenfuge machte hingegen
Schwierigkeiten. Lampert habe auch eine zeitlang mitgegeigt (bescheidener als
Stör). Auch Wangenheim kam einen Augenblick herein, habe sich mit Lampert
unterhalten. R. werde hier als "Weimarischer Zukunftsmusiker vollblütigster
Abkunft im übelsten Sinn" angeschrieben. Äusserungen der Kapellmitglieder und die
zaghafte Erwartung Lamperts beim Spielen des Kopfsatzes der Symphonie haben dies
bestätigt. Daher sei alles so gut vorbereitet. Man erwarte hier ein Fiasco und
wolle sich danach die Hände in Unschuld waschen könne. Die Morgenprobe scheint
trotz Mängel einige Vorurteile zerstreut zu haben. Lampert und Wangenheim waren
danach heiterer. Wangenheim habe bei Tische gesagt, dass einige Hofleute der
Nachmittagsprobe beiwohnen wollen, auch der Herzog, wenn es seine Geschäfte
erlauben. Tatsächlich kamen Hofleute. Lampert sei bei Wangenheim und
Oberhofmarschall von Löwenfels gesessen. Zuerst wurde der Psalm geprobt. Der Chor
sei zu schwach und Raar [?] könne sich gegen die Massen in der Schlussfuge nicht
behaupten. R. will das Stück mal von 200 Sängern hören. Löwenfels soll der Psalm
sehr gefallen haben. Die Damen haben das Duett ziemlich korrekt gesungen. Frau
Stotz liege der 2. Sopran zu tief. Die Ramond kam besser durch. Dann nahm er den
"Spielmann" [wohl Bearbeitung von op. 98, Nr. 18] vor, den Lampert reizend
bearbeitet findet. R. habe sich selbst gewundert wie niedlich dieses "fade Ding
unter seinen Liedern" geworden sei. Killener [? singe die Geschichte ganz
nett. Danach habe er noch Ausschnitte aus den ersten beiden Sätzen der Symphonie
geprobt. Morgen Symphonie und Ouvertüre. Lauchert habe er geschrieben und auch an
seiner Partitur weitergeschrieben. Sieht dem kommenden Tag nicht ohne Besorgnis
entgegen. 11.4.: Der Brief der E. habe ihn erfreut. Zitat: "Verdi’s Foscari! Man muss
von dem Manne, welcher wie sich die Altenburg ausdrückt, «die Spitze» (sollte heissen
decadenz) «der italiänischen musikalischen Entwicklung repräsentirt» nichts anderes
erwarten. Der Lump Cornelius hat sich unterstehen können, das nichtswürdige Product
im Voraus mit jenen Worten zu vertheidigennund dergleichen Menschen machen Anspruch
auf das ehrende Prädicat «deutscher Künstler». Wie tief sinken wir!! – Wenn Liszt u.
die Fürstin nunmehr Verachtung für jenes Verdische Produkt heucheln, so geschieht es
hauptsächlich, weil ich in den «Signalen» geschrieben: «Es sollte uns nach dem und
dem» (ist dort angeführt) «nicht wundern, nächstens auch Herrn Verdi seinen Einzug
hierselbst (in Weimar nämlich) halten zu sehen. Zu diesem Zwecke haben Luther und
Bach hier vorgearbeitet. Wir Deutschen können viel – doch nicht Alles ertragen.» Das
wird dem Gesindel deutlich genug geworden seyn, und sie werden gemerkt haben, dass
ich entschlossen bin, einen ordentlichen Kehraus mit ihnen zu tanzen. Wenn indes
Verdi die Impresa der italiänischen Oper in Paris u. London nicht bekommt, und damit
Liszt auch keine Aussicht mehr hat durch Verdi einmal seinen «Sardanapal» in London
oder Paris anzubringen, so wird Verdi auch von seiner intimen Freundin der Fürstin
(die in Paris mit ihm Freundschaft geschlossen hat) u. von dem Hofgänger dieser
Holden, Herrn Liszt, nicht mehr protegirt werden. Daher pfeift der Wind in der
Handlungsweise dieser Elenden." Wenn Liszt ihm aufrichtige Freundschaftsbeweise hätte
geben wollen, hätte er 6 1/2 Jahre Zeit dafür gehabt. Zur Ostermesse kämen seine
Symphonischen Dichtungen und R. habe es in der Hand, "ihn als Componisten in den
Augen eines jeden deutschen Künstlers zu ruiniren." Beklagt sich, dass in Weimar
wenig für ihn getan wird, auch vom Grossherzog. Für den Herzog hier habe er nur einen
Aufsatz geschrieben und dieser disponiere ihm sein Haus und seine Kräfte, ohne eine
Note von der Musik R.s gehört zu haben. Im Gegenteil, sogar mit dem Vorurteil, dass
er nichts an R.s Musik finden werde, weil er die Weimarer Musik von Wagner, Berlioz
und Schumann nicht möge. Hofft, dass Liszt und Singer nicht kommen werden. Versteht
nicht, warum die E. an seinem Klavier üben wolle, es sei ein Komponisten-Klavier. Es
sei schlecht, aber gut für das Komponieren, da man sich so keine Klangillusionen
mache, die für das Orchester schädlich sind, wie man an Liszts Kompositionen
schlagende Beispiele habe. Es sei nicht R.s Schuld, dass er dem Kopisten nicht mehr
schicken könne. Werde nun den Brief auf die Post bringen, dann frühstücken. Hatte am
Morgen Besuch vom Hofmarschall v. Löwenfels, der ihn um 5 Uhr zum Herzog zu Tische
geladen habe. Von den Veränderungen in den verschiedenen Hofstellen könne man nun
offen sprechen. Grüsse an Eltern, Geschwister und Soupper. Eben kaum Lauchert und
habe sich bei ihm umgezogen.