Absender: Joachim  Raff (C00695)
Erstellungsort: [Weimar]
Empfänger: Doris  Raff (C00693)
Datierung: Quelle undatiert
[undatiert] bis [undatiert] (Quelle)
9. Januar 1855 bis 10. Januar 1855 (ermittelt)
Standort: Bayerische Staatsbibliothek (München)
Signatur: Raffiana II
Umfang: 6 Seiten
Material: Papier
Schreibmittel: schwarze Tinte
Incipit: [ohne Anrede]
Es ist freilich spät, - oder auch früh, wie man will.

Singers Braut heisse Rosa Telÿ und lebe in Pesth. Dass Singer mehr als ein Liebchen habe, glaube er gerne. Beglücke seine Angebetete mit einem Violinstückchen. Die "Grenzboten" haben sich endlich auch mit der "Wagnerfrage" befasst. Es scheine, dass sie der Polemik müde geworden seien. Sie sagen, sie wollen keine neuen Händel mit R. "Ich würde höchstens mit einem neuen Band antworten." Habe gestern nach Singers Stunde noch die Club-Laternen besorgen müssen. Die Majorität habe nun doch den Namen Neu-Weimar angenommen, und Preller werde ein Diplom des Vereins zeichnen. Joachim, Bülow und Klindworth wurden zu Mitgliedern ernannt. Nach den Verhandlungen kamen Gille aus Jena und später Rubinstein. Dieser war in der Komödie im Stadthaus. Die Mandelsloh habe auch mitgespielt. Daher konnte sie in der Stunde nur wenig. Die "Laterne" enthielt auch mehreres zu "Bernhard von Weimar" WoO 17]. Bei den Eltern werden 29 Gäste zu Besuch sein. Raff ging beim Backen und mit gutem Rat zur Hand. Die Schwestern assen allesamt rohen Teig. 10.1.: Der Brief der E. habe ihn traurig gemacht. Leidet, sie leiden zu sehen. Ging gleich zu den Eltern, dass der Brief an Gonken [?] rechtzeitig abgegeben werde. Die Mutter werde auch ein paar Zeilen schreiben. Das Sympathiemittel für den Magen sei eine Fuchszunge auf dem Magen. Glaube nicht an solche Sachen. Bei der gestrigen Gesellschaft ging es gemütlich her. An R.s Tische sassen Hannchen, Bleyel, Sabinini [?], Wilhelm, Raub, Grans und ich. Am andern Frl. Wolf, Toni, Madame Pohl, Pruckner, Schreiber, Bronsart, Singer, Souper, Ritter. Am grössten Liszt, Hoffmann, die Eltern, Rubinstein, Emi, Martha, Madame Ritter, Cornelius, Cossmann, Pohl, Frl. Stöger. Es dauerte bis Mitternacht. 20 Toaste. Liszt brachte einen auf R., in dem er ihn als "ältesten Neu-Weimaraner" und "Freund" leben liess, was rührend genug aussieht. Den auf Wilhelm brachte Hoffmann. Toni habe sich mit einer Wärme an Schreiber angeschlossen, die keine Hoffnungen für Schwabe übrig lasse. Diesem Verhältnis könne kein glückliches Prognostikon gestellt werden. Die Tante habe geschrieben. Der Sohn müsse in ein Institut gebracht werden, nach Dresden. . Grans habe ihm erzählt, dass es einen seltsamen Eindruck auf ihn gemacht habe, dass die Leute im Theater zu Beginn der Ouvertüre das Tagblatt hervorgenommen haben. 4 Uhr: Man sei bei Gonken [?] gewesen. Die Meinung der E. über Gutskows [Gutzkows] Stück habe R. sehr interessiert. Wird es lesen. Goodorf [?] nehme nicht an Weisheit und LIebeswürdigkeit zu, sondern an Jahren und Umfang des Leibes. Habe mitgeteilt, das der Vetter Felix der E. in Danzig Unglück mit dem Schiffsbau habe. Wegen seines Konzerts sei R. ziemlich unbesorgt. Doch er habe diverse hundert Seiten zu schreiben. Diesen Monat müsse er nebenbei den dritten Teil von "Faust" von Liszt liefern. Berichtet über seine solide Gesundheit. Könne nicht voraussehen, wie sich Liszt zu der Sache stellen werde. Wenn R. die Sache mit Beaulieu ins Reine gebracht habe, werde er wohl kaum ein grosses Hindernis mehr finden. Von [Ferdinand] Laub, dem er geschrieben habe, habe er noch nichts gehört. Singer wolle am 17. Februar nach Rostock und Mitte März nach Leipzig, wo er ein paar Sachen von Bach und die "Liebesfee" op. 67 spielen soll. An Brockhaus und die Illustrirte Zeitung habe R. wegen Wilhelms Stück geschrieben. DIe Mutter habe berichtet, dass die Frorieps [?] ungehalten über den Herzog seien. Schimpfte sehr auf Hoffmann und [Oskar] Schade. Beklagte sich darüber, dass sich R. nirgends blicken lasse, so dass die Gesellschaft nichts von ihm habe. Froring las gestern im Stadthause über die Nordpolexpedition. Spazierte zum Bahnhof, R.s Lieblingspromenade. Schickt Adresse von Frl. Petschke [?.


Zitiervorschlag: Raff, Joachim: Brief an Doris Raff ([9. 1. 1855]); https://portal.raff-archiv.ch/A01618, abgerufen am 14. 9 2024.