Absender: Hans von  Bülow (C00114)
Erstellungsort: Berlin
Empfänger: Joachim  Raff (C00695)
Datierung: 3. Mai 1863 (Quelle)
Standort: Bayerische Staatsbibliothek (München)
Signatur: Raffiana I, Bülow, Hans von Nr. 48
Umfang: 5 Seiten
Material: Papier
Incipit: Verehrter freund,
schönsten Dank, daß Du wieder etwas von Dir hören lässest. Solche „Behelligungen“ sind mir stets hochwillkommen.
Veröffentlichung: Bülow 1895 III, S. 527ff.; Marty 2014, S. 237f.; Kannenberg 2020.

Wünscht dem E. eine gute Erholungsreise südwärts. Spiele am 8. Mai in Erfurt, später in Stralsund und anderen Nestern. Seine Frau wünsche in den Ferien etwas anderes zu sehen. Wolle mit ihr 4 Wochen nach Kopenhagen gehen (Seeluft kneipen und im Thorwaldmuseum Kunst). Fragt, ob er wirklich so "pessimistisch" über Hirsch geschrieben habe. Eigentlich mache ihm dieser Freude, weil er intelligent und nicht oberflächlich sei. Dieser bringe es aber nicht über einen guten Bravourspieler hinaus - immerhin sei das mehr als Jaëll. Er habe Feuer und Rasse, werde aber den Judenjungen nicht ablegen können. Lassalle meine, "es sei ihm, als ob [mit Hirsch] ein Wald von alten Kleidern heranwimmele". Weitzmann lobe Hirsch. Der E. beherrsche Güstrow. Dankt dem E., dass dieser in Wiesbaden ein Konzert organisieren wolle. Möchte gerne Geld aus Schwendts Kasse einstreichen. Mit Liszts zweitem Konzert dürfte es wohl wieder nichts werden. Fragt, ob Hagen und die Kapelle dauernd besetzt seien. Könnte die "Don Juan"- oder die "Robert"-Fantasie spielen - scheue die Konkurrenz zu Pallat nicht. Oertling habe ihm das Schreiben an Barth abgebettelt. Dieser spiele übrigens besser als Baldenecker und Gleichauf. Dieser habe mit Lange die beiden Sonaten des E.s [op. 73 und op. 78] recht sauber und frisch vorgetragen und könne Mendelssohns, Joachims und Rubinsteins Konzerte. Sei mit Damrosch im Moment etwas "brouilliert". Habe im vorigen Jahr Bronsart und Draeseke, in diesem Jahr Damrosch und Ritter abgeschnallt. Habe von "Des Sängers Fluch" erst die Hälfte der Korrekturen erhalten. Schicke dem E. zuerst ein Exemplar [im Joachim-Raff-Archiv der Sammlung Marty]. Lege dann noch die Auferweckung Ph. Em. Bachs bei. Freue sich auch auf die Vaterlandssymphonie op. 96 trotz des Abwiegelungsversuches des E.s. Der E. vermute, dass der "Germanismus" des Werks für dem A. zu "barbarisch" daherkomme. Freue sich, obwohl ohne "Hirschliches Blut", an "Barbarischem", besonders bei Rubinstein goutiere er dieses "reichlich vertretene Element". Wolle dessen drittes Konzert in G-Dur in Erfurt probieren. Studiere jetzt dessen drittes Concert G-Dur und spiele es in Erfurt. Der E. soll Johns Angebot nur nutzen, wenn er möge. Empfiehlt einen Schüler, Paul Kuczynski, der op. 73 auswendig, die drei letzten Teile von op. 91 spiele und nach Wiesbaden komme. Fragt, ob der E. diesen unterrichten wolle. Habe eine ehemalige Schüler des E.s, Josephine Saulson, unterrichtet. Möchte der Schwägerin ein Liederheft widmen und fragt, wie hoch sie singe. Marx sei seit ein paar Tagen blind wegen zu viel Zucker. Meyerbeer sei noch rüstig und soll jeden Abend im Ballet sein. Bock sei jetzt tot. Grüsse von Mutter und Frau, die Töchter [Daniela und Blandine] seien noch nicht so weit. Wagner sei hier durchgereist, vorläufig nach Wien. Abstrapaziert, aber zufrieden mit dem materiellen Erfolg in Russland.



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Zitiervorschlag: Bülow, Hans von: Brief an Joachim Raff (3. 5. 1863); https://portal.raff-archiv.ch/A00432, abgerufen am 7. 12 2024.